Diversität

Ein Test auf sexuell übertragbare Infektionen für zuhause? Oder auch: Wie ich mich in meiner Arbeitszeit auf STIs testen ließ

 

Die Ergebnisse

Es dauert ca. eine Woche bis die Ergebnisse da sind. Wenn man gleichzeitig Tests in die Post gibt, kann es trotzdem sein, dass die Ergebnisse nicht am selben Tag kommen – das liegt an der deutschen Post und den Abläufen im Labor. Wenn alles okay ist, d. h. alle Tests negativ sind, bekommt man per SMS Bescheid.  Wenn ein Test positiv ist oder irgendwas schief gegangen ist, bekommt man per SMS die Bitte, nochmal bei der lokalen Teststelle anzurufen und bekommt dann einen Termin. In Freiburg gibt es z. B. auch eine angeschlossene Arztpraxis, wo man wegen eines positiven Tests auch schnell einen Termin bekommen kann zur Behandlung.

 

Das Interview mit dem Projektkoordinator Sebastian Kimmel

 

– Wie oft sollte man sich testen lassen?

Sebastian: Es kommt darauf an, wie häufig und mit wem bzw. mit wie vielen Personen eine Person sexuell aktiv ist und ob es sich um geschützten oder ungeschützten Sex handelt. Menschen mit wechselnden Sexpartner*innen empfehlen wir, sich einmal jährlich auf HIV und Geschlechtskrankheiten wie Chlamydien, Tripper und Syphilis testen zu lassen. Wenn’s jedoch juckt, tropft oder brennt im Genital- oder Analbereich, gleich zum*zur Ärzt*in. HIV ist gut behandelbar, Geschlechtskrankheiten sind gut heilbar. Im persönlichen Erstgespräch wird aber auch festgestellt, ob vielleicht eine häufigere Testung sinnvoll ist.

 

– Zu welchen Anlässen sollte man sich testen lassen?

Sebastian: Ein häufiger Anlass ist zum Beispiel , wenn Menschen frisch in einer Beziehung sind und ungeschützten Sex miteinander haben wollen – und dann testen sie sich beide vorher nochmal. Manche Paare machen da sogar ein Date draus! Ansonsten kann ein Anlass auch sein, dass man ungeschützten Sex hatte. Dazu gehören leider auch sexuelle Übergriffe, nach denen sich Menschen bei uns testen lassen. In diesem Fall haben wir  auch spezifisch geschulte Berater*innen, die die Klient*innen dann begleiten und beraten. Eine wichtige Botschaft ist aber: Bei wechselnden Partner*innen braucht es keinen speziellen Anlass – der Test sollte zur Routine werden.

 

– Für wen ist euer Angebot geeignet, für wen nicht? Und auf welche STIs testet ihr genau?

Sebastian: Es ist wichtig zu beachten, dass wir nur auf vier Infektionen testen, die dringend behandlungsbedürftig  sind: HIV, Syphilis, Gonorrhö (Tripper) und Chlamydien. Wir testen zum Beispiel nicht auf Hepatitis C. Sexuelle Übertragungen sind selten, das ist aber relevant wenn Menschen z. B. Drogen gebrauchen. Diese kennen aber meist Einrichtungen, wo sie sich testen und entsprechend beraten lassen können. Oftmals werden auch bei anderen Anbieter*innen Tests auf z. B. Mykoplasmen angeboten. Hier haben wir uns dagegen entschieden, da selbst bei einem positiven Befund i. d. R. kein Bedarf einer Behandlung oder Änderungen des sexuellen Verhaltens notwendig ist. Sollte man dennoch Symptome haben, empfiehlt sich ein Besuch bei einem*einer Fachärzt*in. Wenn man also den s.a.m health Test macht und da alles negativ ist, man aber trotzdem Symptome hat, ist ein Arztbesuch eine gute Idee. Unsere Berater*innen können da aber auch ein bisschen Hilfestellung leisten. Ansonsten: Wer nicht sexuell aktiv ist oder wer seit langem in einer sexuell monogamen Beziehung lebt (und sich zu Beginn hat testen lassen), muss sich natürlich auch nicht regelmäßig auf STIs testen lassen. Wobei wir eine jährliche Testung durchaus empfehlen.

 

 

– Kann der s.a.m health-Test über die Krankenkasse abgerechnet werden?

Sebastian: Wer privat versichert ist, kann von uns eine Rechnung ausgestellt bekommen und diese dann einreichen. Nicht alle aber einige zahlen die Kosten, gerade bei PrEP-Nutzer*innen. Bei gesetzlichen Krankenkassen ist es so: Man kann immer zu einem*einer Ärzt*in gehen und dort sagen, dass man sich auf HIV und Geschlechtskrankheiten testen lassen will, zum Beispiel weil man ungeschützten Sex hatte (dann natürlich aber nicht mit einem s.a.m-health-Paket). Das zahlen die Krankenkassen in der Regel auch, wenn man keine Symptome hat. Allerdings sehen manche Ärzt*innen keinen Testbedarf wenn auch keine Symptome vorhanden sind und testen oftmals nicht. Und manchmal muss man ja leider auch sehr lange auf einen freien Arzttermin warten. Der s.a.m health Test hat also den Vorteil, dass man nicht lange auf einen Termin warten muss und dann vielleicht gar keinen Test bekommt. Dafür wird unser Testkit aber leider nicht  von den gesetzlichen Krankenkassen gezahlt.

 

– Was passiert, wenn ich ein positives Ergebnis habe?

Sebastian: Wenn alle Tests negativ sind, bekommt man einfach eine SMS. Wenn ein Test positiv/reaktiv ist, bekommt man eine SMS mit der Bitte, bei der Beratungsstelle anzurufen. Die SMS wird auch so verschickt, dass man direkt bei der Beratungsstelle anrufen kann – also nicht an einem Freitagabend oder so. Wir wollen nicht, dass Menschen unangenehme Wartezeiten haben. In diesem Telefonat bekommt man das Ergebnis mitgeteilt und es werden gemeinsam die nächsten Schritte besprochen. Das heißt: Man wird mit einem positiven Testergebnis nicht alleine gelassen. Unsere Partnercheckpoints kennen oftmals (Schwerpunkt)Praxen auf die sie verweisen können. Aber man kann natürlich auch zu den regulären Ärzt*innen, die man schon kennt, gehen. Da wird dann die Therapie gegen die Infektion eingeleitet. Bei einem positiven HIV-Ergebnis kann auch jemand von der Aidshilfe mit zum Arzttermin kommen, wenn man sich nicht alleine traut. Die Ärzt*innen führen dann nochmal einen Test, um die Diagnose offiziell stellen zu können, und dann wird die Therapie besprochen. Es ist auch nochmal wichtig zu betonen: Eine HIV-Infektion ist zwar nicht heilbar, aber heute sehr gut behandelbar und HIV-positive Menschen haben unter Therapie eine ganz normale Lebenserwartung und können ein gutes Leben führen. 

 

– Gibt es das Angebot bald auch in Österreich und der Schweiz?

Sebastian: In der Schweiz gab es bis Anfang des Jahres ein Schwester-Projekt (check at home) welches aber leider aktuell pausieren muss. In Österreich gibt es noch kein von den dortigen Aidshilfen angebotenen Service wie s.a.m health. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

– Bleibt das Ergebnis immer anonym auch bei positiven Tests?

Sebastian: Das Labor erhält keine personenbezogenen Daten, sondern nur einen Code. Die Ergebnisse werden erst in der Zentrale mit den Personendaten verknüpft um zu wissen, wem wir welches Ergebnis mitteilen müssen. Wir kennen natürlich die Identität der Nutzer*innen, geben sie aber in keiner Form weiter.

Auch unsere Briefe lassen übrigens keinen Schluss darauf zu, dass jemand gerade einen Test auf HIV und Geschlechtskrankheiten durchführen möchte. Wir arbeiten mit einem neutralen Absender und Aussehen – es gibt auch keine Logos oder so.

 

– Kann ich alle Tests alleine durchführen?

Sebastian: Man kann alle Tests alleine durchführen. Die Anleitungen sind so aufgebaut, dass das gut geht. Aber natürlich kann man sich Unterstützung und Hilfe holen – gerade wenn man z. B. ein Problem mit Blut hat oder so.

 

– Wie sicher sind die Ergebnisse? Gibt es manchmal falsch positive Ergebnisse?

Sebastian: In ganz seltenen Fällen kann es bei Geschlechtskrankheiten zu falsch positiven Ergebnissen kommen, wenn der Körper eine Infektion gerade selbst geheilt hat. Dann erkennen die sensiblen Laborgeräte Noch abgestorbene DNA der Erreger.  Bei HIV lassen wir, im Falle eines reaktiven Ergebnisses, direkt durch das Labor einen Bestätiggungstest machen, um eine eventuelle Kreuzreaktion auszuschließen. Erst dann werden die Ergebnisse mitgeteilt.

– Wie ist das mit den Kosten? Gibt es zum Beispiel Vergünstigungen? Oder kostet es mehr, wenn ich am Ende nochmal eine Beratung haben möchte?

Sebastian: Extrakosten gibt es nicht. Man zahlt den Preis für ein Test-Paket und es ist egal, wie viel oder wenig Beratung man braucht. Wir bieten an, dass Menschen immer anrufen und sich melden können. Und wir halten die Preise so niedrig wie möglich. Es gibt Vergünstigungen für Menschen, die z. B. Bafög beziehen, geflüchtet oder arbeitslos sind oder Sexarbeit anbieten – die zahlen dann nur 10€ für das Testpaket.

 

– Warum gibt es keine geschlechtsneutralen Prozesse?

Sebastian: s.a.m begann als kleines Pilotprojekt in München und war damals mit der Vor-Ort-Beratung primär auf MSM ausgerichtet. Es stand aber schon immer allen Menschen offen. Wir bemühen uns jetzt darum, dass unsere Prozesse sensibler werden, auch in Bezug auf trans* und nichtbinäre Personen. Dass Menschen Angaben über ihre Genitalien machen, ist wichtig für die Beratung und für die Risiko-Einschätzung, die wir vornehmen. 

 

Vielen Dank für das Interview!

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