Diversität

Wo verwende ich jetzt was? – Eine (Gender)Sternkarte für Sonderzeichen

Gendersternchen, Unterstriche, Große I mitten im Wort, Doppelpunkte, Schrägstriche und andere Schreibweisen. Wer soll da den Überblick behalten? Wir. Wir alle. Eigentlich ist das nämlich gar nicht so viel und der Rest der Sprache ist mindestens genauso unübersichtlich.

Sternchen

Oder auch Asterisk, also sowas hier: *. So ein Stern hat drei gängige Verwendungen und eine davon ist leider eine schlechtere Idee als viele denken.

  1. Zwischen dem grammatisch-männlichem Wortstamm und der grammatisch-weiblichen Endung, um Raum für alle Geschlechter und Formen zu schaffen. Etwa so: Richer*in. Gärtner*in. Ärzt*innen.
  2. Um Fußnoten anzugeben. Also ein Stern nach einem Wort und irgendwo unten auf der Seite oder am Ende des Kapitels findet sich dann eine weitere Erklärung.
  3. Hinter Frauen, Männern, Mädchen oder anderen Nomen.

Hint: die schlechte Idee ist drittens. Aber warum?

Wenn ich schreibe „Eingeladen sind Frauen, die an einer technischen Hochschule studieren“, ist sehr klar, wer gemeint ist. Wenn ich sage, „Eingeladen sind Frauen*, die an einer technische Hochschule studieren“, dann ist das schon schwieriger.

Denn: wer ist denn gemeint? Wie unterscheidet sich Frau von Frau*? Das ist häufig gar nicht klar.

Und ganz oft auch einfach nur Unfug. „Schwangerschaftsberatung für alle Frauen*“. Frauen, die nicht schwanger werden können, weil sie zum Beispiel keine Gebärmutter haben, brauchen so eine Beratung nicht. Männer oder nichtbinäre Menschen, die trans sind und eine haben, vielleicht schon.

Wenn die Bezeichnung Frauen* jetzt aber also auch (manche) Männer und nichtbinären Personen meint, ist das bestenfalls Unfug, und führt schlimmstenfalls zu Dysphorie. Deswegen lieber: sagen, was gemeint ist. Du willst Menschen mit Sexismuserfahrung ansprechen? Oder schwangere Menschen? Dann schreib das am besten so.

Doppelpunkte, Unterstriche, nochmal Sternchen

Manchmal wird der Stern von eben, der für inklusive Sprache genutzt wird, auch durch einen Unterstrich oder einen Doppelpunkt ersetzt. Das sieht dann so aus: Kanzler:innen. Minister_innen.

Die Idee ist erstmal die gleiche. Dadurch, dass der Stern wie eine kurze Lücke ausgesprochen wird, ist der Unterstrich naheliegend: er macht so eine Lücke auch optisch sichtbar.

Der Doppelpunkt ist eine neuere Idee und versucht, Barrieren abzubauen. Einige Screenreader – also Programme, die Text auf Bildschirmen vorlesen – sind nicht gut programmiert und machen bei Sternen oder Unterstrichen keine Pause, wodurch dann der Eindruck eines generischen Femininum entsteht. Ein Doppelpunkt bekommt aber sprachlich immer so eine Pause.

An der Stelle bin ich der Ansicht, dass Software eigentlich den Menschen dienen sollte und solche Optionen und Funktionen nachgerüstet werden sollten. Und wir nicht andersrum der Software hinterherlaufen sollten. Da das aber nicht von heute auf morgen passiert, sind Unterstriche, Doppelpunkte und Sterne durchaus valide Optionen, und es kann Sinn machen, je nach Situation ein unterschiedliches Zeichen zu verwenden.

Wie zum Kuckuck spreche ich das aus?

Die gute Nachricht ist: Du musst gar nix dazu lernen. Wer deutsch kann, kann den Laut schon. [hier bösen Seitenblick auf alte Männer, die in ihren Podcasts behaupten, das seien Klicklaute und damit auch gleich noch rassistisch agieren]. Immerhin sagen wir ja auch nicht „Mie-teinahmen“ obwohl Konsonanten grammatikalisch eigentlich an die nachfolgende Silbe angebunden sind. Wir sagen „Miet-einnahmen“ (und enteignen hoffentlich bald mehr Wohnungsbaugesellschaften, die die Gewinne ihrer Aktionär*innen über die Wohnqualität der Bewohnenden stellen, aber das nur am Rande).

Und genau so funktionieren Sterne, Unterstriche und Doppelpunkte. Aus „Magier“ wird „Magier-in“, gesprochen: „Magier(Pause)in“.

Schrägstriche und Binnen-I

Gelegentlich versuchen Menschen auch mit Schrägstrich (Trainer/innen) oder großem I (HeldInnen) inklusiv zu formulieren. Das ist keine so gute Idee, weil es sich spezifisch an Zweigeschlechtlichkeit orientiert. Die beiden Optionen lassen gerade den Raum, den Unterstrich, Stern oder Doppelpunkt aufmachen, nicht. Damit sind diese Konstrukte Formen, die davon ausgehen, dass es nur Männer und Frauen gibt. Während gerade das Binnen-I für vergangene Generationen von feministischen Kämpfen relevant und wichtig war, um Räume zu erobern, sollte es für neue Texte nicht mehr genutzt werden.

Präzision

Und jetzt gehen wir mit der Gießkanne und dem Wasserwerfer ran und machen alles mit Sternchen voll?

Ne. Einerseits sind Gendersternchen nur ein Werkzeug von vielen, um Sprache neutraler bzw. inklusiver zu machen.

Und andererseits ist Neutralität bzw. Inklusivität natürlich nur da sinnvoll, wo ich sie auch abbilden will. Wenn ein gesamter Vorstand aus Männern besteht, lohnt es nicht, da Sternchen zu verwenden.

Präzise Sprache ist im Normalfall wichtiger als neutrale. Beispiel: Wenn ich von Frauen, mit, oder, wie wir gelernt haben, besser ohne Sternchen, rede, aber Leute meinen, die menstruieren, ging das schon mal gründlich schief. Wieso? Weil sehr viele Menschen, die Frauen sind, nicht menstruieren. Andersrum menstruieren aber eine Menge Menschen, die keine Frauen sind.

Als Faustregel also: Bevor ich hundert Jahre überlege, wo ich welche Sterne hinmale (oder auch einfach einen Stern irgendwo hinmache in der Hoffnung, dass schon alle verstehen werden, wen ich meine), ist es es oft die bessere Idee, zu überlegen, wen ich eigentlich ansprechen will – und genau das dann auch zu tun.

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